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Dr. Christian Gross bei der ärztlichen Versorgung eines Kindes in Äthiopien.

Durch die Augen von…

Dr. Christian Gross

News

Hilfe, die Menschen stärkt

Aktuell realisieren wir gemeinsam mit der Organisation Austrian Doctors ein umfangreiches Wasserprojekt in der Kleinstadt Busa. In der 4. Ausgabe des Nagaya-Magazins 2024 spricht Martina Hollauf, Teil des Menschen für Menschen-Teams in Wien, mit Dr. Christian Gross von den Austrian Doctors. Der pensionierte Kinderarzt berichtet eindrucksvoll, wie sehr dieses Projekt das Leben der Menschen verändert und warum Bildung der Schlüssel zu Gesundheit ist.

Interview mit Dr. Christian Gross von Austrian Doctors

Martina Hollauf: Sie waren vor einigen Jahren privat in Äthiopien unterwegs und jetzt erneut, wenn auch nur kurz. Wie hat sich das Land in Ihren Augen verändert?

Dr. Christian Gross: Es ist schwer, nach nur zwei Tagen wirklich eine detaillierte Einschätzung zu geben. Aber Addis Abeba hat sich offensichtlich stark entwickelt. Die Stadt hat an Höhe gewonnen, und nachts erinnert sie mit den vielen Lichtern fast ein wenig an Las Vegas. Auf dem Land war es deutlich einfacher und ländlicher – eigentlich sehr schön und grün aufgrund der Regenzeit. Aber die Armut bleibt leider allgegenwärtig, sowohl in der Stadt als auch auf dem Land.
Dr. Christian Gross beim Besuch im Städtchen Busa.

Sie haben das Wasserprojekt in Busa besucht. Wie haben Sie das Städtchen und die Menschen dort erlebt?

Außerhalb der Hauptstadt prägen Eselgespanne das Straßenbild und es gibt auch fast keine asphaltierten Straßen. Die Lebensumstände in Busa sind sehr einfach, die Atmosphäre aber nett und die Menschen sehr freundlich. Was mir allerdings auffiel, ist die wachsende Perspektivlosigkeit unter den jungen Leuten.

Man sieht viele junge Menschen, die herumstehen, ohne wirklich etwas zu tun zu haben. Man merkt, dass es hier an Zukunftsaussichten fehlt. Besonders beeindruckt haben mich die Frauen, die trotz der harten Bedingungen so viel Stärke und Lebensfreude ausstrahlen, was mich berührt hat.

Welchen Eindruck haben Sie vom Projekt zur Wasserversorgung allgemein mitgenommen?

Die Fortschritte beim Wasserprojekt waren beeindruckend. Und es ist absolut sinnvoll, dass wir in Busa gemeinsam helfen. Es wurde schon einiges erreicht und das Projekt wird auch nachhaltig gestaltet. Am wichtigsten finde ich immer, dass die Menschen vor Ort stark in so ein Projekt involviert werden. Es gibt auch ein Komitee, in dem Frauen eine wichtige Rolle spielen. Das trägt meiner Meinung nach stark zum langfristigen Erfolg bei und ich bin zuversichtlich, dass das Projekt gut weiterlaufen wird.

Was ist Ihnen bei der Umsetzung von Projekten durch die Austrian Doctors besonders wichtig?

Mir ist besonders wichtig, dass Projekte nachhaltig sind. Oft befürchten Unterstützer:innen, dass nach der ersten Phase nichts mehr passiert und Projekte versiegen. Das darf natürlich nicht geschehen. In Busa habe ich den Eindruck, dass die Einbindung der örtlichen Bevölkerung und die Struktur sehr gut funktionieren.

Sauberes Trinkwasser zu haben, verbessert unmittelbar die Gesundheit der Menschen. Aber gibt es auch Auswirkungen, die nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind?

Sauberes Wasser hat in vielerlei Hinsicht enorme Auswirkungen auf die Gesundheit. Es reduziert Durchfallerkrankungen erheblich und verbessert die Hygiene, indem es z. B. regelmäßiges Händewaschen ermöglicht. Auch die Zubereitung von Nahrungsmitteln wird sicherer, was insgesamt die Gesundheitslage verbessert. Zudem verringert sich der Bedarf, Wasser für die weitere Verwendung abzukochen, was wiederum den Holzverbrauch und die damit verbundene Abholzung minimiert. Die Wasserversorgung in einer Stadt zu sichern, hat deshalb weitreichende positive Effekte.
Zitat von Dr. Christian Gross.
Portrait von Dr. Christian Gross, eingebettet in den Umriss des Landes Äthiopien.

Die Austrian Doctors setzen einen Schwerpunkt auf Gesundheitsprojekte, aber es gibt auch viele Schulprojekte. Warum ist Ihnen die Förderung von Bildung so wichtig?

Gesundheit und Bildung sind eng miteinander verknüpft. Gerade bei den Mädchen spielt Bildung eine wichtige Rolle, weil sie dadurch auch bessere berufliche Perspektiven erhalten. Sie werden später schwanger, beziehungsweise bekommen höher gebildete Frauen auch weniger Kinder. Im Unterricht werden wichtige Themen zu Gesundheit und Familienplanung angesprochen. In vielen unserer Projekte, wie zum Beispiel im Osten Kenias, fördern wir die sogenannten „Rainworkers“ , die sich mit Themen wie Menstruationsgesundheit und Familienplanung beschäftigen. Das hat schon zu spürbaren Fortschritten geführt, wie weniger Schwangerschaften im Teenageralter und einem besseren Gesundheitsbewusstsein.

Ist für Sie Bildung also auch der Schlüssel zu einer besseren Gesundheit?

Absolut. Bildungseinrichtungen sind ebenso wichtig wie generelle Entwicklung auf Gemeindeebene oder beispielsweise medizinische Einrichtungen. Das geht für mich Hand in Hand. Ich bemerke bei unseren Projekten, dass sich durch die verbesserte Bildung das generelle Bewusstsein verändert. Viele Maßnahmen in diesem Bereich werden auch besser angenommen, wie beispielsweise Impfprogramme.

Kenia ist ein Schwerpunktland der Austrian Doctors, wo HIV/AIDS im Vergleich ein großes Problem darstellt. Welche Auswirkungen haben Ihre Projekte in diesem Bereich?

Besonders in ländlichen Gebieten ist es noch ein großes Problem. In vielen Familien leben die Kinder bei den Großeltern, weil die Mütter verstorben oder berufstätig sind und sich deshalb nicht ausreichend um die Kinder kümmern können. Das war ein Grund, warum wir uns auf Schulprojekte konzentriert haben. Wir haben eine Vorschule für Kinder im Alter von 3 bis 5 Jahren eingerichtet, die sehr gut funktioniert. Die Lehrer:innen berichten, dass die Kinder unglaublich wissbegierig sind. Diese Schulprojekte geben den Kindern Struktur und fördern gleichzeitig das Bewusstsein für Gesundheit.

Sie haben auch das Projektbüro von Menschen für Menschen in Addis Abeba besucht und unsere Kolleg:innen kennengelernt. Konnten Sie von diesem Treffen etwas mitnehmen?

Ich war erstaunt, wie viele Projekte in Äthiopien umgesetzt werden. Beeindruckt hat mich, dass diese tatsächlich von den Menschen vor Ort getragen werden, die sehr interessiert und gut organisiert sind. Man hat klare Vorstellungen, wie die Projekte geplant werden müssen, um Bestand zu haben. Wichtig ist, dass die Projekte langfristig funktionieren und in die Hände der örtlichen Bevölkerung übergeben werden. Gleichzeitig müssen aber gewisse Kontrollen erhalten bleiben, um sicherzustellen, dass alles funktioniert. Es ist eine Gratwanderung zwischen Unterstützung von außen und Eigenverantwortung vor Ort.

Sie waren als Arzt selbst im Einsatz in vielen verschiedenen Ländern. Welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?

Die lokalen Mitarbeiter:innen, die ich in verschiedenen Projekten kennengelernt habe, sind hervorragend. Oft lernt man als Arzt vor Ort genauso viel, wie man selbst einbringt. Es ist wichtig, dass wir uns auf die Ausbildung des lokalen Gesundheitspersonals konzentrieren. Das stärkt die Eigenverantwortung und sorgt dafür, dass die Projekte nachhaltiger werden.
Portrait von Dr. Christian Gross.

zur Person

Dr. Christian Gross

Dr. Christian Gross ist pensionierter Kinderarzt und engagiert sich seit über 20 Jahren bei den Austrian Doctors. Seit 2021 ist er Obmann der Organisation, welche verschiedene Projekte in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Wasserversorgung umsetzen. Dr. Christian Gross war selbst viele Male in Ländern wie Bangladesch, Sierra Leone oder Kenia als Arzt im Einsatz. 
Martina Hollauf von Menschen für Menschen

Martina Hollauf

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Glückliche Familie mit Vater, Mutter und Tochter stehen vor einer traditionelle Hütte in einem ländlichen Dorf in Äthiopien.
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Nagaya 4/2024: Mit der Kraft der Gemeinschaft

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