Brunnenbau in Jarre
Die Kraft des Wassers
Behutsam gießt Ugasa Wasser durch ein Tuch in einen Kochtopf. Es ist der Versuch, Schmutz aus dem Wasser zu filtern, das sie Stunden zuvor aus einem trüben Tümpel geschöpft hat. „Derzeit ist die nächste Wasserstelle nur zwei Kilometer entfernt. Aber den Rest des Jahres muss ich 40 Kilometer gehen, um an Wasser für meine Familie zu kommen“, erzählt Ugasa und beschreibt die Kostbarkeit des überlebenswichtigen Gutes: „Wasser ist wie Medizin in unserem Dorf.“
Wassermangel trifft Mensch und Tier
Ugasa lebt im Dorf Jarre in der Somali-Region im Osten Äthiopiens, die besonders von der anhaltenden Dürre betroffen ist. Hier leben die Menschen vor allem von der Viehzucht. Oder besser gesagt: lebten. Denn die meisten von ihnen haben ihre Tiere aufgrund der Dürre verloren. „Schon früher waren wir von Wasserknappheit betroffen. Aber dann hatten wir immer noch die Milch unserer Kamele und Kühe. Aber die Dürre hat uns die Tiere genommen. Wir haben nichts mehr“, beklagt Ugasa die ausweglose Situation.
Noch muss Ugasa aus Jarre das Wasser für ihre Familie aus einem trüben Tümpel schöpfen. Bald sollte ein Wasserversorgungssystem ihr Leben von Grund auf ändern.
Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge sind in Äthiopien 6,8 Millionen Nutztiere aufgrund des Wassermangels verendet. Mit schwerwiegenden Folgen, insbesondere für die Kinder: 1,5 Millionen Buben und Mädchen in Äthiopien sind von akuter Mangelernährung betroffen. Auch Ugasa kann ihre Kinder kaum ernähren. Langanhaltende Unter- und Mangelernährung wirkt sich nicht nur gravierend auf die Entwicklung der Kinder aus. Sie sind auch anfälliger für vermeidbare Krankheiten wie Masern. Hinzu kommen regelmäßige Cholera-Ausbrüche, denen oft geschwächte Menschen zum Opfer fallen.
Langfristig investieren und helfen
Um Menschen wie Ugasa und ihren Kindern zu helfen, müssen langfristige Maßnahmen gesetzt werden. „Die Familien können nicht ständig auf der Suche nach Wasser umherziehen. Deshalb ist es uns wichtig, Tiefbohrbrunnen zu bauen, die ausreichend Wasser für die Menschen und ihre Tiere liefern können“, erläutert Bahritu Seyoum, Direktorin für Projektimplementierung bei Menschen für Menschen, die laufenden Wasserprojekte in den von Dürre geplagten Regionen.
Verantwortlich für die Umsetzung dieser Projekte im Projektkoordinierungsbüro in Addis Abeba ist Bezabih Alem, der die Abteilung für Wasser und Bewässerung leitet. „Aktuell bin ich für zwei Teams verantwortlich: eines kümmert sich um den Bau von Quellfassungen, Wasserversorgungssystemen oder Bewässerungsanlagen. Das andere Team führt Tiefbohrungen durch“, erläutert der 49-Jährige sein Aufgabengebiet. Bezabih war es auch, der sich besonders für die Anschaffung eines Tiefbohrgeräts engagierte, das durch die Unterstützung einer Spenderin aus Österreich schließlich realisiert werden konnte. Bis dahin waren Tiefenbohrungen von allerlei Schwierigkeiten begleitet: „Bis vor einem Jahr haben wir Unternehmen mit den Vorhaben beauftragt. War die Bohrung nicht erfolgreich, mussten wir sie trotzdem bezahlen. Außerdem war es schwer, Firmen zu finden, die in unseren entlegenen Projektgebieten arbeiten. Daher setzte ich mich dafür ein, ein eigenes mobiles Tiefbohrgerät anzuschaffen.“
Verantwortlich für die Umsetzung dieser Projekte im Projektkoordinierungsbüro in Addis Abeba ist Bezabih Alem, der die Abteilung für Wasser und Bewässerung leitet. „Aktuell bin ich für zwei Teams verantwortlich: eines kümmert sich um den Bau von Quellfassungen, Wasserversorgungssystemen oder Bewässerungsanlagen. Das andere Team führt Tiefbohrungen durch“, erläutert der 49-Jährige sein Aufgabengebiet. Bezabih war es auch, der sich besonders für die Anschaffung eines Tiefbohrgeräts engagierte, das durch die Unterstützung einer Spenderin aus Österreich schließlich realisiert werden konnte. Bis dahin waren Tiefenbohrungen von allerlei Schwierigkeiten begleitet: „Bis vor einem Jahr haben wir Unternehmen mit den Vorhaben beauftragt. War die Bohrung nicht erfolgreich, mussten wir sie trotzdem bezahlen. Außerdem war es schwer, Firmen zu finden, die in unseren entlegenen Projektgebieten arbeiten. Daher setzte ich mich dafür ein, ein eigenes mobiles Tiefbohrgerät anzuschaffen.“
Das Tiefenbohrgerät mit dem klingenden Namen „Rigatoni“ wurde von der italienischen Firma Massenza gefertigt und kommt seit seiner Ankunft in Äthiopien kaum zur Ruhe.
Neuer Mitarbeiter im Einsatz
Im April 2022 war es endlich soweit und das mobile Tiefbohrgerät passierte erstmals die Pforten zum Koordinierungsbüro in Addis Abeba. Von dort trat es die Reise in den Osten Äthiopiens an, wo das Bohrteam von Menschen für Menschen von Bohringenieur Stephen Goulding im Umgang mit dem Gerät geschult wurde. Der erste Einsatz erfolgte im Dorf Jarre, wo auch Ugasa zuhause ist. Stephen Goulding, der seit über 30 Jahren Tiefenbohrungen durchführt und Teams unterrichtet, erinnert sich an die Begegnungen mit den Menschen vor Ort: „Jeden Tag, wenn wir durch die Dörfer fuhren, winkten uns die Leute zu und riefen „Danke, danke, danke!“. Das war sehr berührend. Es sind so reizende, gute Menschen, die tagtäglich meilenweit unterwegs sind, nur um ein wenig Wasser zu bekommen. Der schönste Moment ist für mich deshalb immer jener, wenn wir das erste Mal auf Wasser stoßen und die Gesichter der Menschen vor Freude aufleuchten.“
Mekurab Kassahun ist Teil des Bohrteams von Menschen für Menschen. Als Hydrogeologin untersucht sie die Beschaffenheit der durchbohrten Gesteinsschichten.
Mammutaufgabe Wasserversorgung
Die Bedingungen für die Bohrung in Jarre waren zunächst nicht optimal und so gelang es erst beim zweiten Anlauf, Wasservorkommen in insgesamt 222 Metern Tiefe zu erschließen. Die Bohrung wird unter anderem von Mekurab Kassahun begleitet, die als Hydrogeologin ein wichtiges Mitglied des Bohrteams ist. „Ich beurteile die Beschaffenheit der Gesteinsschichten, die während des Bohrvorgangs durchstoßen werden“, erklärt Mekurab. „Ich leite das Team darüber hinaus bei der gesamten Arbeit an – von der Planung über die Berichterstattung und Evaluierung bis hin zur eigentlichen Bohrung und dem Test der Pumpen.“
Nach erfolgter Bohrung kommt eine weitere Mammutaufgabe auf die Mitarbeiter:innen und die Bevölkerung zu: Die Errichtung eines Wasserversorgungssystems, wozu unter anderem Wasserreservoire errichtet, Leitungen verlegt und Entnahmestellen gebaut werden müssen. Das Wasserversorgungssystem wird das Leben in Jarre langfristig verändern: Die Bevölkerung muss nicht mehr kilometerweite Wege zurücklegen, kann das Wasser zum Anbau von Gemüse nutzen oder sogar neue Geschäftsfelder erschließen: „Wenn wir endlich Wasser in der Nähe haben, kann ich vielleicht selbst ein Geschäft starten. Ein kleines Teehaus, zum Beispiel. Dann hätte ich als Frau mein eigenes Einkommen“, träumt Ugasa von den sich neu eröffnenden Möglichkeiten.
Nach erfolgter Bohrung kommt eine weitere Mammutaufgabe auf die Mitarbeiter:innen und die Bevölkerung zu: Die Errichtung eines Wasserversorgungssystems, wozu unter anderem Wasserreservoire errichtet, Leitungen verlegt und Entnahmestellen gebaut werden müssen. Das Wasserversorgungssystem wird das Leben in Jarre langfristig verändern: Die Bevölkerung muss nicht mehr kilometerweite Wege zurücklegen, kann das Wasser zum Anbau von Gemüse nutzen oder sogar neue Geschäftsfelder erschließen: „Wenn wir endlich Wasser in der Nähe haben, kann ich vielleicht selbst ein Geschäft starten. Ein kleines Teehaus, zum Beispiel. Dann hätte ich als Frau mein eigenes Einkommen“, träumt Ugasa von den sich neu eröffnenden Möglichkeiten.