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Corona-Tagebuch

16.06.2020: „Rapider Anstieg der Fallzahlen.“

Corona-Tagebuch

An dieser Stelle berichtet unser Kollege Henning Neuhaus regelmäßig über die Lage in Addis Abeba sowie unseren Projektgebieten und beschreibt, wie sich der Alltag in Äthiopien aufgrund des Virus verändert.
Henning Neuhaus, der zusammen mit Muluneh Tolesa für die PR-Arbeit von Menschen für Menschen in Äthiopien zuständig ist, lebt seit 2018 in Addis Abeba und ist dort einer von nur drei nicht-äthiopischen Mitarbeitern im Project Coordination Office (PCO). Der Großteil der MitarbeiterInnen des Büros in Addis Abeba arbeitet mittlerweile aus dem Homeoffice.
Fast ein Monat ist seit meinem letzten Eintrag in das Corona-Tagebuch vergangen. Da sich die Covid-19-Fallzahlen in Äthiopien noch Anfang Mai in Grenzen hielten, sah es für eine Weile so aus, als würde sich das Virus nicht so schlimm ausbreiten wie zu Beginn befürchtet. Diese Hoffnung ist allerdings in den letzten 4 Wochen verschwunden.

Neuinfektionen steigen rapide an

Seit dem 24. Mai, als es auf einmal 88 Neuinfektionen an einem Tag gab, steigen die Neuinfektionen rapide an. Das zeigt deutlich, dass die sogenannte „Community Transmission“, also die Übertragung außerhalb der bis dahin bekannten Ansteckungsketten, in vollem Gange ist. Inzwischen verzeichnet jede Region in Äthiopien Corona-Infizierte. Es ist schon bedenklich, dass sich die Zahl der Infizierten vom 16. Mai bis zum heutigen Tag von 306 auf 3.521 mehr als verzehnfacht hat.

Aktuell gibt es 60 Todesfälle durch Covid-19 in Äthiopien zu beklagen, wobei das jüngste Opfer gerade einmal 19 Jahre und das älteste (nach offiziellen Angaben!) 115 Jahre alt war. Auch hier entwickeln also keineswegs nur ältere Menschen schwere bis tödliche Verläufe. Jedoch überlasse ich die Frage, inwiefern Vorerkrankungen wie Tuberkulose den Krankheitsverlauf beeinflussen, lieber den Virologen.

Erste Fälle in den Projektregionen

Auch in zwei Projektregionen von Menschen für Menschen gibt es die ersten vereinzelten Fälle von Covid-19: In der Kleinstadt Seyo im Projektgebiet Dano hat sich ein 60-jähriger Mann mit Corona infiziert und wurde in das nächstgelegene Quarantänezentrum in Guder eingewiesen. Auch eine 17-Jährige in der Region Ginde Beret ist Anfang Juni erkrankt und begab sich in Quarantäne. Ihre Kontakte begaben sich ebenfalls in Quarantäne und wurden glücklicherweise negativ getestet. Zum Schutz der gefährdeten ländlichen Regionen bemühen wir uns nach wie vor, PPE-Materialien (Personal Protective Equipment) von lokalen Produzenten zu akquirieren und in unseren Projektgebieten zu verteilen.
In Kachisi kümmert sich Gesundheitsmitarbeiter Wondwosen darum, dass seine KollegInnen sicher und geschützt bleiben. Wie Sekretärin Mulu, die hier Desinfektionsmittel und Schutzmasken erhält

Maskenpflicht wird kontrolliert

Wie hat sich jedoch das Alltagsleben in den letzten vier Wochen entwickelt? Wenn man hier in Addis Abeba keine Maske in der Öffentlichkeit trägt, könnte man recht schnell Ärger mit der Polizei bekommen, die rigoros die Einhaltung der Maskenpflicht kontrolliert. Generell ist die Polizeipräsenz deutlich angestiegen: Sie stehen an Bushaltestellen, sorgen dafür, dass Abstand gehalten wird, und begleiten MitarbeiterInnen vom Gesundheitsamt, die von Tür zu Tür gehen und Fieber messen

Fiebermessen auf der Durchreise

Die Vorsichtsmaßnahmen beschränken sich dabei nicht nur auf die Großstädte. Dies erlebte ich vor zwei Wochen selbst, als ich mit meinen Freunden nach langer Zeit mal wieder aus Addis raus gefahren bin. Wir sind nach Ankobar, der alten Kaiserstadt von Menelik II., gereist, um dort das Wochenende in der Natur fernab von Addis zu verbringen. Selbst in dieser sehr ländlichen Gegend wurden wir zweimal von der Polizei und der lokalen Gesundheitsbehörde zum Fiebermessen angehalten. Hätten wir in dieser Situation Fieber oder andere Coronasymptome gehabt, wären wir unverzüglich in eine der zahlreichen Quarantäneanstalten vor Ort gebracht worden. Zum Glück ging es uns allen gut und wir hatten ein wunderbares Wochenende.
An Kontrollpunkten entlang der Straßen wird die Temperatur gemessen – wer Symptome zeigt, kommt sofort in Quarantäne.

„Neue Normalität“ auch in Äthiopien

Nichtsdestotrotz habe ich das Gefühl, das sich bei den Menschen trotz der steigenden Infektionszahlen eine gewisse „Corona-Normalität“ eingebürgert hat. Wie ich schon mehrmals in diesem Tagebuch erwähnt habe, ist ein Lockdown in einem Land wie Äthiopien nur schwer bis kaum möglich umzusetzen. Die meisten Menschen sind darauf angewiesen ihrer täglichen Arbeit nachzugehen, um das Überleben ihrer Familie zu sichern. Das Leben muss daher weitergehen. Trotz Corona.
Die Schönheit der Natur um Ankobar wird auch durch Corona nicht geschmälert
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