Spenden Call-to-Action
Hayat Mohammed ist Ärztin und Leiterin der Gesundheitsprojekte von Menschen für Menschen in Addis Abeba.

Hayat erzählt

Die nächste Generation stärken

Zitat von Hayat Mohammed: „Viele gesundheitliche Probleme wären vermeidbar, doch den Menschen fehlt es oft am notwendigen Wissen.“
Portrait von Hayat Mohammed im Äthiopien-Umriss
Hayat Mohammed ist Ärztin und seit Anfang 2023 Leiterin der Gesundheitsprojekte von Menschen für Menschen in Addis Abeba. Im Interview erzählt sie wie sie die Gesundheit in Äthiopien fördern will und warum ihr besonders die junge Generation Hoffnung gibt.


Hayat, du bist seit Anfang des Jahres als Leiterin für Gesundheitsprojekte bei Menschen für Menschen . Wie war dein erster Eindruck von der Organisation im Vergleich zu anderen, die in ähnlichen Bereichen tätig sind?

Hayat Mohammed: Bezogen auf die Strukturen, das Engagement und die Unterstützung der Entwicklungsbereiche ähnelt Menschen für Menschen anderen Organisationen. Das Einzigartige an Menschen für Menschen ist meiner Meinung nach die enge Zusammenarbeit mit der Bevölkerung und die Fokussierung auf die Arbeit in einer Projektregion über viele Jahre hinweg. Mit dem Aufbau der Infrastruktur in den ländlichen Regionen und der Umsetzung verschiedener Maßnahmen werden bedürftige Menschen langfristig dabei unterstützt, unabhängig zu werden und das ist sichtbar.


Was gefällt dir an deiner neuen Aufgabe besonders gut und was sind die größten Herausforderungen?

Der interessanteste Teil meiner Arbeit ist die Entwicklung von Konzepten. Ich möchte die Projekte von Anfang an begleiten und meine Vorschläge dazu einbringen. Dabei finde ich die Zusammenarbeit mit allen Fachbereichen wichtig, besonders jene mit den Kolleginnen und Kollegen, die die Projekte in die Praxis umsetzen. Wir müssen als Team arbeiten und zusammenhalten. Darin sehe ich momentan auch eine meiner größten Herausforderung als Leiterin, da ich noch nicht so lange hier bin und die Organisation erst richtig kennenlernen muss. Aber ich denke, solange wir offen für die Meinungen anderer sind, wird es immer einen Weg geben, Dinge zu klären und unsere gemeinsamen Ziele zu erreichen.
Menschen in Äthiopien warten vor einer Gesundheitsstation auf ihre Behandlung.
Bei Gesundheitsstationen herrscht immer reger Andrang, wenn etwa Augenlicht-rettende Operationen durchgeführt werden.
Welchen gesundheitlichen Problemen stehen die Menschen in Äthiopien gegenüber und gibt es Unterschiede zwischen Land und Stadt?

Die gesundheitlichen Probleme der Menschen in den ländlichen Regionen unterscheiden sich sehr von jenen der Menschen in den Städten. Die Wasserversorgung stellt am Land beispielsweise ein großes Problem dar. Vor allem Kinder und Mütter sind von den Folgen betroffen. Die Gesundheitsversorgung ist am Land generell schlechter. Zwar gibt es in den Dörfern Gesundheitsstationen, ihnen fehlt es aber an der nötigen Ausstattung. In den Städten sehen wir vermehrt chronische Krankheiten wie Bluthochdruck, am Land ist Mangelernährung ein großes Problem. Viele gesundheitliche Probleme wären vermeidbar, doch den Menschen fehlt es oft am notwendigen Wissen.


In welchem Bereich der öffentlichen Gesundheit gab es wichtige Verbesserungen?

Eine besonders positive Entwicklung sehen wir bei der Prävention von HIV/AIDS. Die Prävalenz liegt derzeit bei 0,8 Prozent und sie sinkt weiter. Hauptgrund dafür ist die Entwicklung und Verfügbarkeit antiretroviraler Therapien und die Aufklärung der Bevölkerung.
Kinder lernen spielerisch in Theaterstücken über Krankheiten wie HIV/AIDS oder die Augenkrankheit Trachom.
Spielerisch lernen: Jugendliche klären in Theaterstücken ihre Schulkolleg:innen z.B. über HIV/AIDS oder die Augenkrankheit Trachom auf.
Welches Thema sollte künftig im Fokus stehen, um die allgemeine Gesundheit zu fördern?

Der Schwerpunkt unserer Arbeit sollte in den nächsten Jahren auf den Ernährungsmissständen liegen. Mangel- und Unterernährung gehören zu den Hauptgründen für die hohe Sterblichkeit unter Kleinkindern. Um Kinder und Mütter zu schützen, müssen wir Zugang zu sauberem Wasser schaffen sowie ihre Ernährung sichern.


Die Pandemie hatte Auswirkungen auf das Gesundheitswesen weltweit- wie hat sie sich auf die Gesundheit der Menschen in Äthiopien ausgewirkt?

Aus Angst vor der Ansteckung mit Covid haben Frauen oft keine Gesundheitseinrichtungen aufgesucht, um medizinische Versorgung zu erhalten. Besonders wenn es um Nachsorgetermine oder langfristige medikamentöse Behandlungen und Familienplanung geht, stellte das ein Problem dar. Auch die, die sich in antiretroviraler Therapie befanden, konnten ihre benötigten Medikamente nicht abholen, was in manchen Fällen zu einer Resistenz gegen die Medikamente führen kann. Auch große Impfkampagnen, etwa gegen Krankheiten wie Masern oder Polio, konnten nicht wie geplant durchgeführt werden. Das war eine große Belastung und hat langfristige Auswirkungen auf die Bevölkerung.


Wie wirkt sich der Krieg in Nordäthiopien auf die Gesundheit der Menschen aus?

Der Krieg dauerte fast zwei Jahre und hat unterschiedliche Auswirkungen, kurzfristige und langfristige. Das schlimmste sind wohl die psychischen Traumata. Viele Menschen wurden von ihren Familien getrennt und haben Angehörige verloren. Die Kriegserfahrungen haben zu psychischen Erkrankungen geführt, die viele Jahre, wenn nicht für immer, andauern werden. Natürlich fehlte es auch an Grundlegendem wie Nahrung, Wasser und Hygiene. Dadurch sind viele Menschen, vor allem Kinder, chronisch unterernährt. Dies führt zu Entwicklungsproblemen, die nicht nur körperlicher Natur sind. Auch die kognitiven Fähigkeiten können sich bei Kindern, die chronisch unterernährt sind, nicht altersgerecht entwickeln. Auf lange Sicht hat dies auch schwere wirtschaftliche Folgen.


Was schenkt dir Hoffnung für die Zukunft?

Was mich zuversichtlich stimmt, ist die die Motivation, die ich bei jungen Heranwachsenden sehe. Sie wollen die Situation im Land verbessern. Dabei müssen wir sie unterstützen. Durch Aufklärung und Bildungsmöglichkeiten können wir dazu beitragen, die nächste Generation für die Zukunft zu stärken.
Hayat Mohammed ist Ärztin und Leiterin der Gesundheitsprojekte von Menschen für Menschen in Addis Abeba.

Zur Person

Hayat Mohammed ist Ärztin und seit Anfang 2023 Leiterin der Gesundheitsprojekte von Menschen für Menschen in Addis Abeba. Nach ihrem Masterstudium in Public Health war sie 16 Jahre lang in verschiedenen Organisationen tätig, die meiste Zeit davon als Projektkoordinatorin für Hilfs- und Ernährungsprogramme. Ihre Hauptaufgabe bei Menschen für Menschen ist die fachliche Unterstützung der Gesundheitsmaßnahmen in den Projektregionen.
Martina Hollauf von Menschen für Menschen

Martina Hollauf

Ihre Ansprechpartnerin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

E-Mail: m.hollauf@mfm.at
Tel.: +43 (0)1 58 66 950-16
Mobil: +43 (0)664 184 33 22
Logo Menschen für Menschen

Menschen für Menschen

Cover des Nagaya-Magazins Ausgabe 4/2024

Ausgabe 4/2024

Jetzt lesen

Icon Download
Nagaya herunterladen
Pfeil nach unten
Pfeil nach unten
Eine Gruppe von Frauen sitzt lachend beisammen.
Medienbericht

radio klassik: Ein Thementag im Zeichen des Wandels

Am 15. November widmet sich radio klassik einen ganzen Tag lang der Arbeit von Menschen für Menschen in Äthiopien. In vielfältigen Beiträgen wird ein facettenreiches Bild des Landes und unserer Projekte gezeichnet, die das Leben vieler Menschen nachhaltig verbessern.
MedienberichteAktuelles
Glückliche Familie mit Vater, Mutter und Tochter stehen vor einer traditionelle Hütte in einem ländlichen Dorf in Äthiopien.
Nagaya-Magazin

Nagaya 4/2024: Mit der Kraft der Gemeinschaft

In dieser Ausgabe berichten wir über unseren Besuch in Albuko. Dr. Christian Gross, von den Austrian Doctors, erläutert die positiven Auswirkungen unseres gemeinsamen Wasserprojekts in Busa. Tadesse Gemechu, langjähriger Mitarbeiter von Menschen für Menschen, erklärt die Bedeutung der Umweltbedingungen für nachhaltige Landwirtschaft.
Nagaya & Jahresberichte
Dr. Christian Gross bei der ärztlichen Versorgung eines Kindes in Äthiopien.
Durch die Augen von…

Dr. Christian Gross

Gemeinsam mit Austrian Doctors realisieren wir derzeit ein umfangreiches Wasserprojekt in der Kleinstadt Busa. Im Interview mit Martina Hollauf, aus dem Menschen für Menschen-Team in Wien, schildert Dr. Christian Gross von den Austrian Doctors eindrucksvoll, wie sehr das Projekt das Leben der Menschen vor Ort positiv verändert.
Durch die Augen von...
Aktuelles

Mehr News