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Ein elfköpfiges Team steht vor einem Tiefbohrgerät in Äthiopien

Stephen erzählt

Wasser ist mehr wert als Gold

Stephen Goulding bedient ein Bohrungsgerät
Hallo Steve, herzlichen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, uns an deinen Erfahrungen teilhaben zu lassen. Du arbeitest schon sehr lange als Trainer für Bohrteams. Wie bist du eigentlich zu diesem Job gekommen?
Ich habe eine Ausbildung als Maschinenbauingenieur absolviert und eines Tages fragte mich ein Freund, der damals schon mit mobilen Bohrgeräten arbeitete, ob ich das nicht auch machen wolle. Damals brauchte man dafür noch keine richtige Qualifikation, also habe ich einfach mal angefangen. Zu Beginn habe ich hauptsächlich Schlamm geschaufelt und ich fand es großartig! Im Laufe der Jahre habe ich mich hochgearbeitet. Zunächst als Bohrassistent, ehe ich meinen ersten Vertag mit einer Firma abschloss, für die ich unter anderem im Sudan tätig war. Danach arbeitete ich für Vortex Drilling in Kenia. Seither lässt mich Afrika nicht mehr los. Über die Jahre war ich in vielen afrikanischen Ländern als Vertragsingenieur tätig und arbeite heute mit den unterschiedlichsten Bohrgeräten.


Arbeitest du auch schon lange mit Hilfsorganisationen zusammen?
Ja, sicherlich seit über 25 Jahren. Ich habe viel mit UNICEF zusammengearbeitet. Unter anderem im Sudan und in Bangladesch – aber auch mit anderen Hilfsorganisationen. Die größte Bereicherung für mich persönlich ist es zu sehen, welchen großen Unterschied Wasser im Leben der Menschen macht. Du kannst ihnen eine Handvoll Gold anbieten – es wäre noch immer nicht so viel wert wie Wasser. Jeder Mensch braucht Wasser – zum Trinken, zum Bewässern der Felder. Manchmal müssen wir die Leute davon abhalten, dass sie das schlammige Wasser aus einem frischen Bohrloch sammeln, das noch mit der Bohrflüssigkeit versetzt ist. Für sie ist das die pure Verschwendung!

Kannst du uns einen kurzen Einblick geben, wie so eine Bohrung abläuft?
Im Grunde recht einfach. Zunächst stellt man das Bohrgerät auf eine stabile Plattform. Der Aufbau selbst dauert in der Regel nicht sehr lange. Dann hängt es davon ab, welche Art von Bohrung man durchführt. Wir haben mit Luft gebohrt – zunächst wird durch das weichere Deckgestein gebohrt, dann weiter in den härteren Untergrund. Anschließend wird eine Verkleidung eingesetzt, die das Ganze absichert. Danach setzt man den Hammerbohrer ein und beginnt in die Tiefe zu bohren. Dabei wird die Luft nach unten gepresst und nach und nach werden mehr Bohrstangen eingesetzt. Während des Trainings, das ich für das Team von Menschen für Menschen abgehalten habe, sind wir auf eine Tiefe von 169 Metern gekommen.

Drei Männer stehen um das Bedienungspanel eines Tiefbohrgeräts, das ein weiterer Mann bedient
Stephen Goulding schulte das Menschen für Menschen-Team im Umgang mit dem neuen Tiefbohrgerät.
Wie geht es nach der Bohrung weiter?
Wenn die Bohrung abgeschlossen ist, ziehen wir alle Bohrstangen heraus und setzen eine Bohrabdeckung auf. Damit gehen wir hinunter und schleifen den Boden des Felsens ab. Danach wird die Schachtverkleidung eingesetzt und mit Filtermaterial wie Kies ummantelt. In Regionen, die immer wieder unter Wassermangel leiden, ist es auch wichtig darauf zu achten, dass der Grundwasserleiter (ein Gesteinskörper, der zur Leitung von Grundwasser dient; Anm.) nicht beeinträchtigt wird. Wenn man nicht vorsichtig ist, kann das sonst Auswirkungen auf das Wasservorkommen in kilometerweiter Entfernung haben.

Wie lässt sich so etwas verhindern?
Zunächst muss man darauf achten, dass der Brunnen nicht überpumpt wird, weil dadurch der Grundwasserleiter gesenkt werden kann. Im Grunde braucht es einen fähigen Geologen, der die Schichten eindeutig identifizieren kann, um den Grundwasserleiter abzutrennen. Menschen für Menschen hat eine großartige Geologin gefunden, die sich sehr gut in ihrem Job auskennt. Das ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, um bei der Suche nach Wasser erfolgreich zu sein.

Ist es deiner Erfahrung nach schwierig, qualifiziertes Personal in Ländern wie Äthiopien zu finden?
Absolut. Es ist schwer, gute Leute zu finden und wer sie gefunden hat, tut alles, um sie zu behalten. Der Job ist sehr hart und verlangt einem viel ab.

Ein Mann mit blauem Helm sitz am Bedienungspanel eines Tiefbohrgeräts, ein anderer Mann sieht ihm über die Schulter
Stephen Goulding ist seit über 30 Jahren als Bohringenieur tätig und hat bereits in zahlreichen Ländern Tiefbohrungen durchgeführt.
Für eine Bohrung dieser Art benötigt man viel Wasser – wie geht das mit der Situation vor Ort zusammen?
In der Region, wo wir tätig waren, ist Wasser eine absolute Mangelware. Aber man benötigt recht viel davon für den Bohrschaum. Tatsächlich hatten wir nur zwei Wassertanks vor Ort – generell würde ich empfehlen, einen eigenen Tankwagen für solche Art von Bohrungen anzukaufen. Das würde die Arbeit künftig sehr vereinfachen.

Welche besonderen Herausforderungen gab es sonst noch in der Region?
Man rechnet generell damit, dass die Situation vor Ort auch die eine oder andere Herausforderung mit sich bringt. Ein großes Problem war allerdings, dass kaum Treibstoff verfügbar war und wir keine Fässer anliefern durften. Das Tiefbohrgerät verfügt über einen großen Motor mit 600 PS – der frisst eine Menge Diesel! Aber ich war beeindruckt davon, wie rasch das Problem gelöst werden konnte, nachdem Menschen für Menschen im Büro der Regionalregierung vorstellig wurde. Am Ende war es nur ein Tag, an dem wir zu wenig Treibstoff für die Maschine hatten – das ist schon großartig. Ich hatte mit mehr Schwierigkeiten gerechnet.

Welche Erfahrung hast du mit den Menschen aus den umliegenden Gemeinden gemacht?
Jeden Tag, wenn wir durch die Dörfer fuhren, winkten uns die Leute zu und riefen „Danke, danke, danke!“. Das war sehr berührend. Es sind so reizende, gute Menschen, die tagtäglich meilenweit unterwegs sind, nur um ein wenig Wasser zu bekommen. Der schönste Moment ist für mich deshalb immer jener, wenn wir das erste Mal auf Wasser stoßen und die Gesichter der Menschen vor Freude aufleuchten.


Das Interview führte Martina Hollauf vom Menschen für Menschen-Team in Wien.
Neuigkeiten zur Tiefenbohrung erfahren Sie unter: www.mfm.at/wasser

Ein Mann sitzt am Bedienungspanel eines Tiefbohrgeräts und blickt in die Kamera

Zur Person:

Stephen Goulding ist seit über 30 Jahren als Bohringenieur tätig und hat in zahlreichen Ländern, darunter auch in Äthiopien, Tiefbohrungen durchgeführt und Bohrteams im Umgang mit mobilen Tiefbohranlagen geschult. Für die Ausbildung des vierköpfigen Teams von Menschen für Menschen wurde Stephen von Massenza, einem italienischen Unternehmen, das auf die Herstellung von Bohranlagen spezialisiert ist, engagiert. Die Schulung umfasste einen theoretischen und einen praktischen Teil vor Ort, der etwas mehr als zwei Wochen dauerte.
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